In den späten Oktobertagen, wenn die Trauben bereits überreif sind,
und die Edelfäule (Botrytis cinerea) eingesetzt hat, beginnt bei
uns im Burgenland die Ernte der Prädikatsweine. Der Zuckergehalt in den
Beeren wird ungefähr jeden zweiten Tag mit einem Refraktometer (ein
optisches Messgerät mit dem mittels Lichtbrechung der Zuckergehalt im
Traubensaft bestimmt werden kann) gemessen. Je nach Zuckergehalt und
Botrytisanteil werden die Qualitätsstufen eingelteilt in Auslese, Beerenauslese, Ausbruch und
Trockenbeerenauslese.
Die Edelfäule ist für die Produktion von
süßen Prädikatsweinen mit Ausnahme des Eisweins
unverzichtbar! Sie befällt die Haut der Beeren und bildet dort einen
Pilzrasen. Durch das Wachstum der Edelfäule wird die Haut der Beeren
durchlässig für Wasser, und dieses kann, an warmen
Spätherbsttagen, aus den Beeren verdunsten. Dadurch wird der
Traubensaft in den Beeren aufkonzentriert, er enthält mehr Zucker,
Extrakt und Mineralstoffe. Die Botrytis cinerea gibt, ähnlich
wie der Edelschimmel in bestimmten Käsesorten, Stoffwechselprodukte an
den Traubensaft in den Beeren ab, wodurch erst der edle Botrytiston dieser
Prädikatsweine entsteht.
Zur Ernte von Eiswein ist hingegen
kein Botrytisbefall notwendig. Im Gegenteil, hier ist es sogar vorteilhaft
wenn die Beerenhaut noch vollständig gesund ist, und die Beeren prall
gefüllt sind. Bei der Ernte muss es mindestens -7° Celsius
über mehrere Stunden haben, damit das Wasser in den Beeren so weit wie
möglich ausfrieren kann. Bei der anschließenden Pressung, die
noch in gefrorenem Zustand erfolgen muss, wird daher nur der konzentrierte
Traubensaft ausgepresst, während das Wasser, als Eis, in der Presse
zurückbleibt. Da man immer bestrebt ist den Eiswein so früh als
möglich zu ernten um Schäden durch Vogelfraß zu minimieren,
findet die Eisweinernte normalerweise im November oder Dezember, und meist
nachts statt. In ungünstigen Jahren werden die notwendigen, tiefen
Temperaturen überhaupt nicht, oder erst zu spät erreicht, weshalb
die Eisweinbereitung immer ein gewisses Risiko darstellt.
Durch die speziellen Reife und Erntemethoden bei Prädikatsweinen, und
der dabei stattfindenden Aufkonzentrierung des Traubensaftes, sind die
Erntemengen weit geringer als bei der Ernte im Qualitätswein-,
Kabinett- und Spätlesebereich. Das führt dazu, dass
Prädikatsweine die wertvollsten und rarsten Tröpfchen eines
Weinbaubetriebs sind.
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