19.8.2009 - 10:08 h
Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit als Verkoster bei einer Weinprämierung teilzunehmen. Dabei
wurden insgesamt 158 Weine gereicht, die innerhalb von etwa drei Stunden bewertet wurden. Immer wieder
wird man ja gefragt wie es möglich ist, mehr als eine handvoll Weine vernünftig zu probieren
und daher will ich kurz davon berichten geben wie das abläuft. (von Andreas Schreiner)
Zuerst das Umfeld. Verkostet wird natürlich blind, das heißt die Koster erfahren nur was sie
unbedingt brauchen (Jahrgang, Sorte), keinesfalls dürfen sie jedoch wissen von welchem Weingut ein Wein
stammt. Um nicht von anderen Kostern oder der Umgebung abgelenkt zu werden, werden sie möglichst gut
voneinander getrennt. Ideal sind dabei Kostkabinen in denen jeweils nur eine Person Platz findet. All diese
Maßnahmen zielen darauf ab, den Kostern ein möglichst neutrales und damit faires Urteil zu
ermöglichen, obwohl das nicht auf der ganzen Welt mit gleicher Gewissenhaftigkeit verfolgt wird. Aber
das ist eine andere Geschichte.
Was die Koster nun noch brauchen sind Gläser, frisches
Wasser, etwas Brot zum Neutralisieren und dann kann es losgehen. In schneller Folge wird ein Wein nach dem
anderern gereicht, verkostet und das persönliche Urteil festgehalten. Hier kommt nun der wichtigste
Punkt der ganzen Veranstaltung! Verkoster müssen natürlich schon vorher wissen wie die Weine
schmecken sollten, was ein guter und was ein schlechter Wein ist. Das lernt man nur durch Übung und
viel Kosterfahrung. Bei einer Bewertung werden natürlich die Leute eingeladen bei denen man das
voraussetzten kann. Trotzdem, nach etwa 40 - 50 Weinen reicht es und man erkennt auch mit viel Konzentration
immer weniger Feinheiten und Unterschiede. Hier wird es dann Zeit, ein ein paar Minuten Pause zu machen und
dabei vor allem den Kopf zu entspannen. Denn die Verkostung ist in erster Linie eine Konzentrationsaufgabe
bei der man das "Erschmeckte" richtig erkennen und verarbeiten muss!
Persönliche und offizeille Notizen eines Kosters.
Bewertet wird nach verschiedenen Punktesystemen. Hier sind mal 100 Punkte das erreichbare
Maximum, mal sind es 20. Meist heißt es, je mehr desto besser, manchmal ist es allerding auch genau
umgekehrt. Verkoster müssen mit den Bewertungssystemen vertraut sein damit sie sinnvolle Ergebnisse
liefern können, doch auch das kann man natürlich lernen und üben. Trotzdem ist es nicht
unüblich vor Beginn der eigentlichen Bewertung ein paar Weine gemeinsam zu verkosten um sich danach auf
eine möglichst gleich "strenge" Bewertung zu einigen. Auch werden während einer Verkostung immer
wieder Weine doppelt gereicht um erkennen zu können ob ein Verkoster in deren Verlauf konstante
Bewertungen abgibt.
Picture:
Ofizieller Bewertungszettel
Abschließend werden die Urteile aller Koster
ausgewertet, oft wird hier einfach der Durchschnitt aller Ergebnisse hergenommen, Es gibt aber auch
ausgefeiltere Methoden um einzelne Fehlurteile auszuschließen. Sonst könnte es etwa passieren dass
ein sehr gut bewerteter Wein durch ein einzelnes "vernichtendes" Urteil unverdient irgendwo im Mittelfeld
landet. All das sind jedoch nur Details, wichtig bleibt: 150 Weine in relativ kurzer Zeit zu verkosten ist
nur möglich wenn man sich an ein sehr strikt reglementiertes Kostsystem hält mit dem man
außerdem gut vertraut ist. Ein solches Unterfangen ist ausgesprochen interessant und lehrreich, vor
allem wenn man danach seine eigenen Urteile mit dem Endergebnis vergleichen kann. Es ist aber auch sehr
anstrengend, und mit Spaß am Weinverkosten hat es wenig zu tun. Hierfür beschränke auch ich
mich auf ein paar wenige Weine und gönne mir und vor allem auch den Weinen viel, viel mehr
Zeit.
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